Brücken im antiken ROM , Tiberbrücken

Tiberbrücken

von Hans Richter

Das Gebiet gegenüber der ISOLA TIBERINA am linken Tiberufer wird von den Archäologen als der Geburtsort für das ANTIKE ROM angegeben. Der Bereich an der Ausbuchtung des Tibers , das Forum Boarium nimmt den größten Teil der Fläche zwischen Tiber und der Hügel am Kapitol und Palatin ein und war für die Stadtgründung des antiken Roms von vitaler Bedeutung. Unterhalb der Tiberinsel lag flußabwärts eine Furt, wo man die erste Brücke der Stadt, den PONS SUBLICIUS erbaute ("sublicae" = Holzpfahl). Es war eine Holzbrücke. Beide Brücken verbinden die Insel mit dem Tiberufer.

Pons Aemilius (Emilio) oder Ponte rotto (zerbrochene Brücke)

(BAS 601)

Die erste aus Stein erbaute Brücke wurde von den Censoren Manio Emilio Lepido und Fulvio Nobiliore 174 v.Chr.erbaut, allerdings bestanden nur die Pfeiler aus Stein, während der Überbau, wie man heute die Fahrbahnplatte bezeichne, eine Holzkonstruktion war. Die Ponte Aemilius war eine Steinpfeiler-Brücke mit einer Fahrbahn aus Holzbohlen. Erst 142 v.Chr. haben Publio Scipione und L.Nummida die Brücke mit steinernen Bögen versehen lassen, nachdem sich die Wölbtechnik mit Keilsteinen verbessert hatte.

Anfang des 1.Jahrh.n.Chr.wurde sie unter Augustus erstmalig restauriert, der als Pontifex Maximus für die Instandhaltung der Brücken verantwortlich war. (größter Brückenbauer, noch heute führt der Papst im christlichen Rom diesen Titel als ein Brückenbauer zwischen Gott und den Menschen). Zu dieser Zeit wird die Brücke umbenannt in Ponte Massimo, einerseits als eine Anerkennung an Augustus andererseits weil es die größte römische Brücke war. Die Menschen in der Antike nannten sie ähnlich Pons Maior, die Hauptbrücke. Öfters wurde der Name gewechselt. Für eine bestimmte Zeit war ihr Name Pons Palatinus, da sie in der Nähe des Palatins war, dort wo die römischen Kaiser ihre Luxusvillen hatten. Die Bögen ruhten auf sechs Pfeiler, wobei fünf davon im Flussbett gegründet waren und ein Pfeiler am nahen Ufer. Sie war wie alle römischen Brücken solide gebaut, jedoch war sie mehr und mehr dem Wasserdruck des Tibers ausgesetzt, nachdem sich die Tiberinsel flussabwärts der Brücke verbreiterte, das Flussbett einengte und somit die Strömungsgeschwindigkeit des Flusses erhöhte. Es kam zu einem erheblichen Verschleiß der Brücke und zu starken Beschädigungen.

Wann der erste Brückeneinsturz erfolgte ist nicht überliefert, aber es ist dokumentiert daß Papst Onario III die Brücke 1220 hat wiederaufbauen lassen. Gregorio IX hat sie dann 1231 restaurieren lassen. Um 1500 war sie erneut zerstört und wurde von Paolo III wiederaufgebaut. Paolo beauftragte sogar Michelangelo die Wiederaufbauarbeiten zu überwachen. 1557 zerstörte ein Hochwasser des Tibers die Brücke und erst 1573 ordnete Gregorio XIII den Wiederaufbau an und gab zugleich der Brücke einen neuen Namen, Senatorio, Brücke der Senatoren.
Mattheo Castelli sorgte für die Umarbeitung. Eine Inschrift erinnert noch heute an den Wiederaufbau, lesbar an dem noch bestehenden Brückenbogen: Auf Veranlassung des Pontifex Maximus Gregorio XIII und des Senats und des Volkes von Rom wird die Brücke der Senatoren, drei Bögen aus Altersgründen und schon früher wiederhergestellt dann durch Ansturm des Flusses von neuem zerstört, nun in vormaliger Standhaftigkeit und Schönheit wiederhergestellt, Jahr des Jubelfestes: 1575 n.Chr.


Am 24.Dezember 1598 erlebte Rom die stürmischste Hochwasserflut, an die man sich überhaupt erinnern konnte. An diesem Tag zerstörte der reißende Tiber diese schöne Brücke. Die Hälfte der Brücke blieb stehen und konnte vom linken Tiberufer begangen werden die man in einen hängenden Garten veränderte.

Ponte Fabricio und Ponte Cestio (ein antikes Brückenpaar)

Einzigartig auf der ganzen Welt sind diese beiden antiken Brücken, die das Festland mit einer kleinen Insel verbinden. Sie verbinden die Tiberinsel mit den beiden Ufern des Tibers. Bevor mit der Beschreibung der Brücken begonnen wird sollen einige Worte über die Tiberinsel gesagt werden.
Das etruskische Königsgeschlecht der Tarquini ließ vor 2000 Jahren Tausende von Weizengarben nach der Ernte dort bei Niedrigwasser auffüllen und festigte mit dieser Bodenverdichtung die Insel. Es ist nicht nachgewiesen, aber wahrscheinlich ist die Insula Tiberina die kleinste bewohnte Insel der Welt. 293 v.Chr. wurde Rom von der Pest heimgesucht. Nach Beendigung der Pest suchend sandte man Botschafter nach Epidauros, wo sich der Kultort des griechischen Heilgottes befand. Ein römischer Dreiruderer unter Leitung von Ogulnio brachte die Schlange, das Symbol des Heilgottes zurück, die sich an der Tiberinsel niederließ.
Dort errichtete man einen Tempel, von dem heute nichts mehr erhalten ist, jedoch am gleichen Ort die Kirche St.Bartolomeo. Dort entwickelten sich krankenhausähnliche Einrichtungen und das bis heute mit dem Krankenhaus Fatebenefratelli.


Ponte Fabricio      (BAS 600)

Vom linken Flußufer in der Nähe des Marcellustheaters spannt sich der antike Pons Fabricius hin zur Tiberinsel. Die Fabricius Brücke wurde 62 v.Chr. erbaut und ist die älteste Brücke Roms die noch im ursprünglichen Zustand bis heute erhalten ist.
Man muß davon ausgehen, daß zu dieser Zeit zwei Brücken, also auch der Ponte Cestio begonnen wurde.
Der italienische Architekt und Kupferstecher Piranesi (1720-1778) hat die Brücke in seinen Kupferstichen mehrfach gezeichnet. Im folgenden Bild eine Übersicht, welche die Steinschnittführung der Wölbsteine genau erkennen läßt.

Eine im Stein eingemeißelte Inschrift über den Brückenbogen der Fabricius Brücke erinnert an den Erbauer : Lucius Fabricius, Sohn des Caius,Curator viarium,(Straßenwart).
Die Brücke hat auch eine grandiose geschichtlich Bedeutung, wenn man bedenkt daß sie am Ende des Konsulats von Cicero und der Verschwörung des Catalina entstand.
Julius Cäsar war damals Diktator, der jenseits des Flusses seine berühmten Gärten besaß in denen Cleopatra logierte, waren in dieser Zeit in Rom und müssen die Brücke passiert haben. Auch Augustus später der in der Nähe seine Seekampfspiele durchführte, hat hier den Tiber überquert.
Die Brücken Sublico und Emilio lagen zeitlich weit zurück und da brauchte man doch einen Brückenschlag über die Tiberinsel.
Die Brücke wird 23/22 v.Chr. von Überschwemmungen stark beschädigt.
Aus dem Jahre 21 v.Chr. ist eine Inschrift erhalten geblieben, welche von einer Untersuchung über die Belastbarkeit der Brücke berichtet. Consul Lollio und Lepidus haben in diesem Jahr die Restaurierung durchführen lassen und die Brückenplatte gemeinsam mit der Brücke Cestio erneuert.
Im Scheitel eines Brückenbogens der Fabricius Brücke ist der Name Lepideus lesbar und der Name des Augustus abgemeißelt. Aus der Geschichte ist bekannt, daß Augustus auf das Konsulat verzichtete, um höhere Regierungspositionen einzunehmen und statt dessen wurde Lepidus gewählt.
Die Römer nennen die Brücke: Brücke der vier Köpfe. An zwei Hermen hatte man jeweils zwei in entgegengesetzer Richtung schauende Marmorbüsten aufgesetzt. Die Hermen hatten die Brüstung aus Bronze miteinander verbunden. Leider wurde die Bronze 1679 von Papst Innocenzo XI gegen eine Steinballustrade ausgetauscht.Die Bronze wurde für die Münzprägung benötigt. Es ist nicht erwiesen, aber die Marmorbüsten sollen vier Architekten der Brücke sein.
Die Baumeister sollen immer miteinander gestritten haben, so heftig, daß der Papst sie hinrichten hat lassen. Jedoch haben sie eine so ausgezeichnete Brückenbaukunst geschaffen, daß man später ihre Köpfe in Marmor auf den Hermen verewigt hatte. In der Antike wurden fast nie die Namen der Baumeister überliefert, sondern nur die Namen von hohen Regierungsbeamten genannt, mit hohem öffentlichen Einfluss aber ohne fachlicher Qualifikation.
Später im Mittelalter nennt man die beiden Brücken "die der Juden", da sie ihre Wohngebiete jenseits des Tibers aufgegeben hatten und sich in Richtung Marcello-Theater niederließen.
Zu jener Zeit sind die Herzöge Mattei di Paganica Brückenwächter, um für die Zeiten der Papstwahl (Konklave) Ruhe und Ordnung zu schaffen.
Damals hatten alle Brücken Roms zumindest einen Wachturm, um zu verhindern, daß unerwünschte Gäste in die Stadt eindringen konnten oder Schmuggelware ankam. Hier müssen die Türme auf der Tiberinsel gestanden haben.

Fabricio (Konstruktion + Standsicherheit)

Zwei Durchlassöffnungen mit 26m Spannweite sind unter dem Wasserspiegel in Kreisbögen zusammengeführt. Diese konstruktive Besonderheit ist bei den frühen römischen Keilsteinbrücken zu finden. Die römischen Baumeister hatten die Vorstellung, daß der geschlossene Kreisbogen aus Keilsteinen in Brückenlängsrichtung die höchste Standfestigkeit gewährleistet. Erst Jahrhunderte später erkannte man , daß schon durch feste eingespannte Widerlager die Stabilität einer Brücke gewährleistet ist.
Besonders sei hier der Aufriß mit dem Gewölbe und dem Strebenfundament unter dem Wasserspiegel erwähnt, das die Feinheit des Steinschnitts im Detail darstellt. Dieser Kupferstich wurde ebenfalls durch Piranesi erstellt.

Das Fachwerksystem am tiefsten Punkt des Kreisgewölbes kann als ein aufgelöstes Flächenfundament angesehen werden.

Der Obergurt des Fundaments, Achse a-a ist ein Zuggurt, der bis an das Nachbargewölbe reicht und beide Kreisgewölbe zusammenhält. Die Vertikallasten werden vorwiegend über die untere Bodenplatte b-c-b in die Ausmauerungen, die unterhalb der Kreisgewölbe vorhanden sind, abgeleitet. Am Punkt (b) ist vorwiegend der Ort wo Vertikallasten nach unten abwandern, während am Punkt c abhebende Kräfte entstehen. Horizontallasten aus der Gewölbewirkung werden bei (b) abgeführt.

Um den Tiber zu regulieren wurde Ende des 19.Jahrh. der mittlere Brückenbogen abgerissen und nach der Flussregulierung wiederaufgebaut. Dabei war ersichtlich wie die Keilsteine, die in den Anfängen des römischen Brückenbaus ohne Mörtel verlegt wurden, untereinander durch eiserne Klammern und Keile verbunden waren. Hohlräume waren mit Blei vergossen.

Ponte Cestio

(BAS 5541)

Im Gegensatz zum Pons Fabricio spricht man vom Pons Cestio von der Zwillingsbrücke welche die Insel mit dem Stadtteil Trastevere verbindet. Die antike Brücke war von einem Cestio 44 v.Chr. erbaut worden.
In der Baugeschichte wird darüber diskutiert wer wohl dieser Cestio war, weil mehrere Cestios bekannt sind. Konsul Caio Cestio Gallo unter Tiberius, Valerio Cestio Verwalter des Tibers unter Vespasian und Lucio Caio Cestio Epulone, der der wahre Erbauer der Brücke war.
Ihm ist auch in Rom das berühmte pyramidenförmige Grabmonument zuzuschreiben. Im Jahtre 370 n.Chr. ließen die beiden Kaiser Valentiniano und Valente die Brücke restaurieren, indem Baumaterial aus dem naheliegenden Marcellus-Theater verwendet wurde.
Im 10.Jahrh. wurde die Brücke abermals durch den Senator Benedetto repariert.
Die Cestio Brücke hatte auch einen Wachturm, der berühmt wurde, weil er 1087 die Gräfin Matilde von Canossa beherbergt hatte, als sie Rom besuchte. Das Volk gab damals der Brücke den Beinamen Brücke der Jungfrau, obgleich Matilde keine Jungfrau mehr war.
Dieser Name (Brücke der Jungfrau) wird auch in Urkunden um 1400 erwähnt.
Die heutige Brücke basiert auf einer Umarbeitung von 1887, aber sie bewahrt ihre alte Struktur und bildet gemeinsam mit der Brücke Fabricio ein antikes Brückenpaar, wie man es nirgends in der Welt in dieser Schönheit finden kann.


Bild oben: Die Brücke Cestio auf einer Zeichnung des deutschen Historikers Gregorovius
Bild links: Große Arkade der Brücke Cestio, über der sich die Türme der Tiberinsel und der Glockenturm von St.Bartolomeo erheben