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Applaus auf der Autobahn für die Mega-MMBS
von Maurer SE

Hamburg: Stahlplatten überbrücken 2,5 m breiten Spalt auf der Hochstraße K20

Applaus und Erleichterung gab es im September auf der längsten Straßenbrücke Deutschlands, der Hochstraße K20 in Hamburg: In 55 Stunden waren 30, je bis zu 8 t schwere Mega-MMBS eingebaut worden. Diese klappbaren und längsbeweglichen Stahlplatten von MAURER werden für die nächsten fünf Jahre einen 2,5 m breiten Spalt überbrücken, der quer über die Autobahn und die Auffahrtsstraßen entstehen wird. Der Applaus galt der gesamten Montagemannschaft, die im Dreischichtbetrieb die einmalige Großaktion stemmte.

 

Die 6-spurige Autobahn A7 aus den 70er Jahren ist chronisch überlastet und soll auf vier Spuren pro Fahrtrichtung ausgebaut und saniert werden. Bauherr ist die DEGES. Ein besonderes Teilstück ist dabei die K20 (Hochstraße Elbmarsch), ein ca. 3,8 km langer aufgeständerter Abschnitt der A7 im Hamburger Hafengebiet südlich des Elbtunnels. Diese längste Straßenbrücke Deutschlands ist ein Mehrfeldbauwerk mit Übergangskonstruktionen in 52 Achsen. Insgesamt hat die Brücke 110 Pfeilerachsen mit rund 500 Pfeilern.

 

In drei Achsen stehen sog. Megastützen. Diese Megastützen halten das Bauwerk in Längsrichtung. Sie sind die Fixpunkte, an denen die Längskräfte der Brücke übertragen werden. Die normalen Brückenpfeiler haben einen Durchmesser von ca. 60 cm, die Megastützen von über 5 m. Trotz dieser gewaltigen Ausmaße sind der Beton der 8–10 m hohen Megastützen sowie der Jochbalken infolge des Streusalzeinsatzes chloridgeschädigt. Sie müssen deshalb komplett abgebrochen und neu aufgebaut werden – unter laufendem Verkehr. Das wird etwa fünf Jahre dauern. Die Brücke wird währenddessen mit einer Stahlkonstruktion abgestützt. Die Herausforderung ist ein 2,5 m breiter Spalt quer über die Fahrbahn, der beim Abbruch direkt über den Jochbalken entsteht. Er muss überbrückt werden – mit sog. Mega-MMBS.

MMBS – Modulares Überbrückungssystem

MMBS (MAURER Modular Bridging System) sind modulare Überbrückungssysteme. Sie werden über ein Baufeld gelegt, damit es vom Verkehr überfahren werden kann. Zudem können die MMBS-Elemente schnell aufgeklappt und arretiert werden, damit das Baufeld darunter zugänglich ist.

 

Ein Standard-MMBS-Element besteht aus drei Stahlplatten (2 Rampenelemente, 1 Mittelplatte), die über Gelenke miteinander verbunden sind. Typischerweise werden sie für einige Wochen eingesetzt, wenn z.B. Fahrbahnübergänge zum Ausgleich der Längsbewegungen der Brücke ausgetauscht werden, die Brücke aber tagsüber oder streifenweise befahrbar bleiben soll.

Stahlplatten mit integrierten Fahrbahnübergängen

Die Mega-MMBS in Hamburg sind deutlich größer, stabiler und komplexer als eine Standard-Ausführung. Da sie fünf Jahre unter Verkehr liegen, müssen sie besonders sicher im Überbau verankert, aber dennoch geöffnet werden können. Dazu dienen 200 mm lange Schubdollen mit einem Durchmesser von 80 mm. Je zwei Schubdollen auf der auffahrenden und abfahrenden Seite halten ein MMBS-Element auch dann in Position, wenn z.B. die Schubkraft eines bremsenden Lkws wirkt. Zusätzlich werden die Plattenteile, die auf der Straße liegen, mit je vier Verbundankern gegen abhebende Kräfte gesichert.

 

Verkompliziert wird das Überbrückungssystem dadurch, dass sich direkt bei den Megastützen auch die Fahrbahnübergänge befinden, welche die Längsbewegungen der Brücke ausgleichen. Das müssen auch die MMBS-Elemente leisten. Deshalb wurden Übergangskonstruktionen vom Typ MAURER XL1 in die MMBS integriert, die eine Längsbewegung von bis zu 100 mm aufnehmen. In der inneren MMBS-Teilplatte sind die Verbundanker auf Schubschlitten montiert, damit sich die Überbrückung bewegen kann.

 

All diese Anforderungen zusammengenommen führen dazu, dass die Auf- und Abfahrtsrampen eines Mega-MMBS-Elements 26 „Löcher“ haben. Mit Finite-Elemente-Berechnungen wurde das System unter anderem auf Ermüdung berechnet und ermittelt, wie die Elemente ausgelegt werden müssen, damit sie fünf Jahre Verkehr ohne Schäden tragen. Ein Mega-MMBS-Element ist 8 m lang, 1,25–1,75 m breit, 90 mm dick und wiegt bis zu 8 t. Insgesamt produzierte MAURER für die K20 168 m MMBS-Elemente mit einem Gewicht von zusammen 660 t. Denn zwei Megastützenachsen liegen an einer besonders breiten Stelle der Autobahn, der Anschlussstelle Waltershof mit aktuell drei Hauptfahrspuren plus Standspur in jede Richtung sowie je zwei Auf- und Abfahrtsspuren.

55 Stunden Vollsperrung für den Einbau

Alle Vorarbeiten gipfelten in der Herausforderung, die MMBS an Ort und Stelle zu einzubauen. Die ersten Einbauaktionen liefen von 18.–20. September und von 9.–11. Oktober erfolgreich. Der dritte Einbau ist im Mai 2021 geplant.

 

Die MMBS-Elemente wurden während einer je 55-stündigen Vollsperrung eingebaut. Zuerst fuhren die Geräte und Transportfahrzeuge ein, darunter allein drei 100-Tonnen-Kräne, welche die schweren MMBS-Platten an Ort und Stelle heben. Projektleiter Holger Redecker, Leiter der MAURER-Niederlassung Lünen, schildert: „Allein der Konvoi, der mit Rundumleuchten nachts auf die Autobahn auffuhr, war schon sehr beeindruckend.“

 

24 MAURER-Monteure arbeiteten im Dreischichtbetrieb, Hand in Hand mit Deckenbauexperten der STRABAG. Denn die Mega-MMBS wurden zwar „einfach“ über alles Bestehende gelegt, doch sie müssen exakt in einem geraden Bett liegen. Deshalb wurde der Asphalt mit einer Feinfräse abgetragen und mit einer Schicht Flüssigasphalt ausgeglichen.

 

Für die Verankerung der Schubdollen wurden Kernbohrungen in den Überbau gemacht, die Schubdollen eingesteckt und mit Epoxidharz vergossen. Die MMBS-Elemente wurden eingehoben, exakt platziert und mit den Verbundankern befestigt. Damit zudem die Überfahrt sanfter ist, wurden vor und hinter der MMBS-Überbrückung 10 m lange Asphaltkeile aufgelegt, so dass sich eine Steigung von nur 1 % ergibt.

 

Abschließend machten Polizeifahrzeuge Testüberfahrten: mit verschiedenen Geschwindigkeiten und Bremsungen direkt auf den Mega-MMBS. „… und dann gab es Applaus von allen Beteiligten, am Sonntagabend, auf der Autobahn. Das habe ich auch noch nie erlebt“, gesteht Redecker.



Mega-MMBS-Elemente vor dem Transport nach Hamburg. Gut zu sehen die diversen Aussparungen zur Aufnahme der Befestigungen.    Foto: MAURER


Einhub einer Mega-MMBS mit einem 100-t-Kran.      Foto: MAURER


Gearbeitet wurde im Drei-Schicht-Betrieb 55 Stunden lang rund um die Uhr.                  Foto: MAURER

Detailarbeit. Rechts vorne zu sehen: der im Mega-MMBS integrierte Fahrbahnübergang.    Foto: MAURER


aktuelle Version von 15.01.2021 20:23:28
erste Version von 15.01.2021 20:23:28

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